Floras Name ist noch nicht endgültig... vielleicht kommt da noch eine Aenderung... aber nun erstmal zu ihrer Geschichte.

Vor ca. 6 Wochen sind Freunde aus der Schweiz in Paphos angekommen und haben dort ein Hotel bezogen. Schon beim ersten Besuch von mir, entdeckte ich Flora. Völlig verdreckt, extrem verängstigt war sie zwischen den Hotels und den Restaurants auf der Suche nach Futter und Wasser... immer auf der Flucht und immer in Panik.

Ich kaufte mir etwas Fleisch im Supermarkt und fütterte sie.. Eine Restaurantangestellte sah mich und sie versprach mir, neben dem Restaurant eine Futterstelle, vor allem auch Wasser, bereitszustellen.

So kam es, dass ich nun seit 6 Wochen sehr häufig dorthin gefahren bin, Stunden mit Flora verbracht habe, ihr unzählige Geschichten erzählt habe... ohne sie einfangen zu können.

Ich setzte mich dazu immer in den Schatten und warf Futter in immer kürzeren Abständen zu mir. Sie war so ängstlich, dass sie auch bei langsamen Bewegungen zusammenzuckte und dabei war sie doch ab und zu so nahe an mir. Ich war der Verzweiflung nahe, denn der Strick, den sie um den Hals trug war eigentlich eine gute Hilfestellung um sie zu fangen... aber es gelang mir nie. Ich nahm Freunde mit, Verstärkung... keine Chance.

Flora hatte bessere und schlechtere Tage. Manchmal zeigte sie mir einfach, dass sie jetzt die Schnauze voll hat, und lief weg. Manchmal kam sie extrem nahe, und liess mir wenigstens ein kurzes Streicheln über ihren Bauch zu... das war aber das höchste aller Gefühle.

Gestern war ich wieder dort und fütterte sie mit leckerem Hühnchen. Ich merkte sofort, dass es ein sehr guter Tag war. Flora war hungrig und das Hühnchen hat sie sehr interessiert. Ich wusste, dass ich nur einen Versuch habe und siehe da... er gelang.

Was danach folgte war erstmal Stress pur. Flora schrie ganz fürchterlich, biss um sich und kratzte. Es blieb mir nichts anderes übrig, als sie an dem Strick hochzunehmen, damit sie erstmal nicht mehr um sich beissen konnte. Mir lief das Blut nur so runter, aber ich liess einfach nicht mehr los. Dann kamen schon die Menschen... Touristen, Restaurantbesitzer, Angestellte und ich kam mir vor wie der grösste aller Tierquäler... Ich wurde beschimpft, sie wollten die Polizei holen und ich versuchte ständig unter Tränen zu erklären, dass ich dem Hund helfen will... aber zugegeben war auch ich langsam am Ende meiner Kräfte, denn auch ich stand ein wenig unter Schock.

Flora indessen hatte ich längst auf den Boden gelegt und meine Hand auf sie gehalten. Sie hatte aufgehört sich zu wehren und war jetzt einfach nur geschockt... sie rührte sich kein Stück mehr. Wir beschlossen, den Menschen aus dem Weg zu gehen und ich lud sie in mein Auto... um sie gleich zu meiner Tierärztin zu fahren.

Dort angekommen mussten wir Flora erstmal narkotisieren, denn sie war aus ihrer Starre erwacht, hat mein Auto gut zerlegt... aber das war erstmal egal. Unter Narkose wurde der Bluttest gemacht und Gott sei Dank ist sie gesund. Dann nutzten wir gleich die Gunst der Stunde und haben sie geschoren und immer noch unter Narkose gebadet.

Die Nacht hat Flora völlig erschöpft im Zwinger verbracht und war immer noch sehr verängstigt, aber ruhig. Heute morgen wurde sie sterilisiert. Sie wäre fast verblutet und die Aerztin hat sehr grosse Angst um sie gehabt, aber alles ist überstanden und es geht ihr jetzt gut.

Das grösste aller Wunder ist aber, dass wir einen völlig verängstigten Hund, der mit Menschen nichts zu tun haben wollte aus dem Zwinger auf den OP-Tisch gebracht haben... und einen Hund erlebten, der aus der Narkose aufgewacht ist, uns schwanzwedelnd begrüsst hat, die Schnauze durch das Gitter steckte und sich streicheln liess.

Flora hat sich in kürzester Zeit zu einer Schmusemaus entwickelt, die laut schreit, wenn wir den Raum verlassen... es ist unglaublich und weder ich, noch Dr. Maria, noch Ann haben je eine so schnelle Wandlung bei einem erwachsenen Hund erlebt, der so lange auf der Strasse gelebt hat.

Sie scheint zu merken, dass wir ihr nichts böses wollen, aber natürlich muss sie noch viel lernen und ist immer noch sehr ängstlich. Ich hoffe sehr, dass ich eine PS finde und ihr somit das Tierheim ersparen kann... wenn nicht, geht sie wenigstens sterilisiert und mit Bluttests dort rein, was ihre Ueberlebenschancen erhöht. Gerne hätte ich sie zu mir genommen, so war eigentlich der Plan, aber Hugo hat diesen Plan über den Haufen geworfen...

Die Bilder zeigen sie noch als Streunerin... ich hoffe ich kann bald neue Bilder posten und sie natürlich auch unter die zu vermittelnden Hunde setzen.

Flora heisst jetzt Juno 21.7.2012
Juno ist die griechische Göttin der Geburt und somit denken wir, dass es ein passender Name für unsere Ex-Streunerin ist. Sie ist vor ein paar Tagen neugeboren worden, auch wenn sie es da vielleicht noch nicht so ganz realisiert hat.

Es sind gerade mal 4 Tage seit ich sie einfangen konnte. In diesen 4 Tagen hat sich ihr ganzes Leben, ihre ganze Welt verändert. Sie musste durch den ganzen Stress des eingefangen werdens, sie wurde narkotisiert, geschoren, gebadet und sterilisiert. Plötzlich waren da Menschen, und sie konnte nicht mehr wie all die Wochen/Monate vorher ihre gewohnte Tour von Hotel zu Hotel, von Restaurant zu Restaurant machen. Ich machte mir in den letzten Tagen oft Gedanken und fragte mich teilweise ernsthaft, ob ich ihr einen Gefallen getan habe. Nachdem mir gestern eine Restaurantbesitzerin, die Juno auch gefüttert hat erzählt hat, dass ihnen Juno fehlt, sie aber auch froh sind, dass sie jetzt in Sicherheit ist... habe ich nochmal überlegt.

Meine grösste Sorge war dabei, dass ich mich fragte, wie man Juno an eine Leine gewöhnen konnte. Sie reagierte absolut panisch auf die Leine... es war fürchterlich. Sie hat soviele Fortschritte in der kurzen Zeit gemacht, freut sich wenn ich komme, ruft mich sogar, wenn ich sie nicht gleich sehe... aber Leine ging gar nicht.

Dr. Maria und ich versuchten es schon am Donnerstag, am Tag nach der OP, nur indem wir Halsband und Leine angezogen haben und ab und zu Zug ausübten... Panik!!!

Gestern Morgen dann, zogen wir ihr ein Geschirr an plus Halsband, zwei Leinen und wollten losgehen... Juno aber natürlich nicht. Es war kein leichtes Unterfangen, aber wir gaben nicht auf. Wir lockten, versuchten sie aufzumuntern, mit Leckerlies.... nix wirkte. Also einigten wir uns darauf, dass wir sie unterstützen und halt einfach so ein paar Meter gehen. Ich hob sie am Geschirr ein wenig auf und so ging es mit Juno auf den ersten Spaziergang. Es war ein Gewaltakt und es gefiel mir überhaupt nicht... aber immer nur Mitleid und gut Zureden hilft manchmal auch nicht weiter. Jeder freiwillige Schritt (davon gab es leider nicht sehr viele) wurde belohnt... aber so richtig fruchtete die Aktion nicht...

... das war gestern. ;-) Heute Abend gehe ich zu Juno und Dr. Maria sagt: Komm wir gehen auf einen Spaziergang. Ich nehme das Geschirr und Maria sagt: Nein, brauchen wir nicht. Ich erkläre ihr, dass ich es nicht gut finde, Juno einfach so hinter sich herzuziehen... ohne sie zu unterstützen, Maria sagt: Sei still und komm. Okay... Ueber die Fliessen muss Maria Juno hinter sich herziehen... kaum aus dem Tor raus, sehe ich eine schwanzwedelnde Juno, zwischen mir und Maria hin- und hertänzeln, als wollte sie sagen: Schau, was ich gelernt habe... Schau... ich will mich nicht mehr unter allen Autos verstecken und hey... ziehen braucht ihr mich jetzt auch nicht mehr, ich ziehe jetzt euch. Es war für mich wie eine Offenbarung, in dieser absolut kurzen Zeit. Vor lauter Aufregung vergass ich die mitgebrachte Videokamera in der Klinik, aber ich hoffe, dass ich bald davon ein Video machen kann. Natürlich ist Juno noch sehr wachsam, aber trotzdem: Sie lief an der Leine, ohne Zwang und kam immer wieder zu uns an um ihr Lob abzuholen... das ganze immer mit wedelnder Rute. Dabei waren auch ca. 5 andere Hunde plus mehrere Katzen... alles kein Problem für Juno. Auch Kinder machen ihr nicht mehr Angst als Erwachsene...

Nun sehe ich die Chancen für eine Vermittlung schon in einem anderen Licht... aber ich hätte nie gedacht, dass sich ihr Verhalten in nur wenigen Tagen so ändern könnte.

Ein Hund, der bis vor 5 Tagen noch vor jeder Hand, und kam sie noch so langsam auf sie zu zurückgewichen ist... Ein Hund, dem Berührung oder gar streicheln fremd war... es ist für mich immer wieder ein kleines Wunder, wenn ich so etwas miterleben darf.

Update 22.07.2012
Heute hab ich zwei Videos hochgeladen. Das erste Video stammt vom 21.7. Da sieht man, dass Juno noch mit sich kämpft. Sie möchte kommen, aber die Angst ist immer noch sehr gross. Sie beschwichtigt und zeigt mit ihrer Körpersprache, welchen inneren Kampf sie gerade ausfechten muss.

Vielleicht ist es auch interessant zu wissen, dass Juni in all den Wochen, in denen ich sie versuchte zu fangen, in denen ich einfach in ihrer Nähe sass, wenn sie unter einem Pickup lag, oder in denen sie auch mal auf mich zukam, wenn sie nur schon mein Auto gesehen hat... nie eine Gefühlsregung gezeigt hat. Kein bewegen der Rute.. nichts... sie war irgendwie völlig abgestumpft und es war nur Angst zu sehen, ständige Fluchtbereitschaft.

Das zweite Video stammt von heute und ich denke, man sieht einen Unterschied... ;-)

S. von Büren

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