Ein Teil meines Herzens blieb bei Vita auf Zypern
In meinen Tierschutzferien erlebe ich immer emotionale Achterbahnfahrten. Doch dieses Mal war es außergewöhnlich. Jedes Mal und so auch in diesem Jahr, gibt es Hunde, die mich besonders berühren. Meistens sind es die Alten oder die Angsthasen. Es fällt mir immer besonders schwer diese Hunde zurückzulassen, obwohl ich vor Ort erleben darf, wie gut sie von den vielen freiwilligen Helfern versorgt werden. Doch immer bin ich bisher auch mit neuer Kraft für die passive Tierschutzarbeit hier in der Ferne zurückgekommen. Dieses Mal ist es etwas anders, zum ersten Mal blieb ein Teil meines Herzens dort bei Vita und ich kam nicht nur mit Kraft sondern auch „beschwert“ zurück.
Vita ist nur eines der Sorgenkinder, die mir Susi bei unserer Planung für meine Tage vor Ort ans Herz legte. Nichts ahnend was sie zum Sorgenkind macht, sah ich mir die Videos von ihr auf Susis Kanal an. Ich sah eine kleine Hündin, die im Schlaf genauso, wie im Stehen am ganzen Körper zuckte bzw. wackelte. Ich hatte so etwas noch nie gesehen und natürlich empfand ich erst einmal Mitleid. Ich sah auf diesen Videos aber auch eine Vita, die sich maßlos über Susis Anwesenheit freute und die Ansprache sichtlich genoss.
Gleich an meinem ersten Tag lernte ich Vita kennen. Wackelnd, sehr vorsichtig, etwas ängstlich blickte sie vom Ende ihres Isolationszwinger in die Richtung der Tür, durch die ich kam. Ich blieb gleich vorne und bückte mich, schaute nur von unten in ihre Richtung, sprach sie leise und freundlich an. Ihr Schwanz begann zu wedeln, das Wackeln wurde zwar stärker doch ihre Anspannung fiel ab und im nächsten Moment „schoss“ sie in meine Richtung.
Alle Vorsicht war vergessen und Vita drückte sich freudig an mich, versuchte immer wieder in mich hineinzukriechen. Sie genoss die Aufmerksamkeit, war sehr aufgeregt und „wuselig“ und wich mir nicht mehr von der Seite. Ich habe sie später an diesem Tag wieder besucht, dieses Mal kam sie schon von hinten angelaufen, als sie mich vorne an der Tür sah.
Am zweiten Tag ging ich mit Vita spazieren. Es war das erste Mal für Vita seit sie vor einigen Wochen im PAWS Shelter abgegeben wurde. Sie war sehr aufgeregt, und unsicher blieb sie alle paar Meter stehen. Ihr kleiner Körper wackelte im Stehen und je aufgeregter sie war, umso schneller wippte sie auf und ab. Doch Vitas Neugier ist groß sie ist jung und will die Welt entdecken, so schafften wir es an diesem Tag mit etlichen Stopps zum Schnüffeln, Menschen begrüßen und anderen Hunden hinterherschauen bis zum ersten Tor, bevor sie umdrehte und unbedingt zurückwollte. Bevor ich Vita zurück in den Zwinger brachte, haben wir noch zusammen – Vita auf meinem Schoß, ihr Umfeld neugierig beobachtend – eine Weile im Pausenbereich gesessen. Vitas Wackeln ist in Ruhe besonders ausgeprägt. Jeder, der Vita sah, schaute sie mitleidig an. Vita selbst scheint von ihren neurologischen Störungen in keiner Weise beeindruckt, im Gegenteil, sie ist lebensfroh, neugierig und sehnt sich nach menschlicher Zuwendung und hündischen Begegnungen, wie jeder andere junge Hund auch.
Am dritten Tag wurden unsere Spaziergänge länger und Vita rannte zufrieden die Straße auf und ab und tobte fröhlich durch den Auslauf. Und erstaunt stellte ich fest, dass beim Laufen von ihren neurologischen Störungen fast nichts zu bemerken ist. Obwohl ich mich riesig über Vitas „normales“ Verhalten in diesen wenigen Tagen freute wurde mein Herz beim Abschied sehr, sehr schwer.
Denn immer klarer wurde mir, dass der lebensfrohen Vita aufgrund ihrer „Wackelei“ ein trauriges, einsames Leben im Tierheim bevorsteht. Ein schwarzer und behinderter Hund, da gehen die Vermittlungschancen gegen Null (wahrscheinlich sind diese Störungen ein sogenannter Staupe-Tick aber genau kann man es nicht diagnostizieren und somit weiß man auch nicht, ob und wie es sich entwickelt). Und da sie durch die neurologischen Störungen ein schwacher Hund ist, wird Vita im Tierheimbetrieb wahrscheinlich niemals in ein Rudel integriert werden können.
Die Erkenntnis, dass meine kleine Vita, die mir in den wenigen gemeinsamen Stunden ans Herz gewachsen war, eine so junge, lebensfrohe und sich nach menschlicher Aufmerksamkeit verzehrende Hündin nun möglicherweise den Rest ihres Lebens in „Einzelhaft“ verbringen muss, brach mein Herz. Ich versprach ihr beim Abschied nicht aufzugeben nach einer liebenden Familie für sie zu suchen.
Schaut sie Euch an, die kleine Vita, wie sie in den wenigen Stunden unserer gemeinsamen Zeit eine neue Welt entdeckt. Schaut, wie sie trotz ihrer Behinderung vor Lebenslust sprüht.
Und gerne teilt diesen Beitrag, denn vielleicht liest ihn irgendwo eine Familie, die sich in Vita verliebt und die einen Platz für sie hat.