Wie einige wissen, habe ich seit einiger Zeit meinen Pflegling Shep... was ich jetzt zuletzt brauchen kann ist ein weiterer Welpe... aber genau den habe ich am Freitag Morgen gefunden. Ich merke jetzt schon, dass zwei Hunde für mich alleine zuviel sind, da ich nie ohne schlechtes Gewissen aus dem Haus gehe... wenn ich den Kleinen alleine lassen muss.. ihn aber auch nicht überall mitnehmen kann. Ich habe niemanden, der mir dabei helfen kann, oder mal eben zu ihm schaut... usw. usw. usw. Ich werde ihm einfach nicht gerecht und hoffe sehr, dass er schnell ein Zuhause findet... aber egal... jetzt stand ich also vor einem zweiten Welpen.
Im ersten Moment verfluchte ich die Tatsache, wieder mal zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein, aber der Kleine sass mitten auf der Strasse und somit war natürlich klar, dass ich ihn einsammeln muss... Ich nahm ihn erstmal mit ins Haus und mir fiel auf, dass er sehr gut roch, sehr sauber war und überhaupt einen ganz guten Eindruck machte. Ich überlegte hin und her und rief Ruth Mew von PARC an... einer Organisation mit denen ich zusammenarbeite und meine einzigen Mitstreiter bei mir in der Nähe. Ruth und ich haben eine sehr gute Basis der Zusammenarbeit, obwohl wir uns nicht immer gegenseitig helfen können, versuchen wir immer alles, was halt in unserer Macht liegt um den anderen zu unterstützen. Wenn Not am Manne ist oder ein wirklicher Notfall, ist sie immer für mich da... ebenso wie ich für sie... Das Problem zur Zeit ist nur.. dass sie in etwas so am Ende ihrer Kräfte ist wie ich. Typische Symptome von Menschen, die im Tierschutz arbeiten, nichts aussergewöhnliches...
Ruth hörte sich meine Geschichte an und sagte, ich solle den Hund bei der Polizei melden und es würde da einen Municipality-Pound in Pegeia geben, den sie allerdings selber auch noch nie gesehen hätte.. aber somit würde ich einem evtl. Besitzer die Möglichkeit geben, den Hund dort schnell wieder herauszuholen... Ich also zur Polizei... von dort zur Gemeindeverwaltung und dann wurde mir erklärt, wo dieser Municipality-Pound ist... (Erkl.: Municipality-Pounds sind gemeindeeigene Auffangstationen für Hunde, die dort 22 Tage aufbewahrt werden müssen... danach dürfen sie getötet werden. Ich hatte irgendwie meinen Plan und wollte den Hund natürlich vor Ablauf dieser Frist wieder herausholen... mein Problem zur Zeit ist nur, dass ich überhaupt nicht flexibel bin, wegen dem kleinen Shep. Ich kann nicht eben mal 3 oder 4 Stunden mit einem Hund durch die Gegend fahren um ihn irgendwohin zu bringen... also erschien mir diese Lösung als die beste, denn der Pound ist nur 5 Min. von mir entfernt.
Es war das erstemal, dass ich dort war. Ich hatte bis dahin keinen Schimmer wo das Ding ist und auch Ruth wusste von nichts. Als ich dort eintraf nahm mich ein Gemeindearbeiter in Empfang und führte mich zu dem Zwinger, der an der Rückseite eines grossen Gebäudes lag... von da an war es mit mir vorbei. Ich stand dort mit dem Welpen auf dem Arm, schaute mir fassungslos den Zwinger mit 2 Hunden an... und heulte wie ein Schlosshund. Ich versuchte dem Gemeindearbeiter zu erklären, das ich den Welpen wieder mitnehme, aber es war zu spät. Er nahm in mir aus den Armen und setzte ihn zu den anderen zwei Hunden, einem ganz süssen Pekinesenmix-Mädchen und einem Pointerwelpen. Ich sagte immer wieder auf engl.: Nein, ich nehme ihn mit, aber irgendwie war ich auch wie gelähmt und konnte nichts mehr machen. Ich hatte panische Angst, dass ich sonst völlig ausflippe und dachte mir: Erstmal Rückzug... alleine komme ich hier nicht weiter.
So fuhr ich also nach Hause und heulte mich erstmal aus. Ich war völlig verzweifelt und fühlte mich wie ein Verbrecher. Der Kleine Welpe begab sich in meine Arme und ich bringe ihn an einen solchen Ort? Was für ein schlechter Mensch muss ich sein? Ich sass hier und hatte das Gefühl, das grösste Unglück, dass diesem Welpen geschehen ist war: Auf mich zu treffen... Als ich ihn ins Pound brachte lag er neben mir auf dem Beifahrersitz und hatte den Kopf auf meinem Schoss.. schaute mich pausenlos an... Wie kann ich so etwas nur machen??? Ich ging den für mich in dem Moment besten Weg in der Hoffnung, der Besitzer würde ihn dort schnell wieder herausholen... aber trotzdem war ich zu schwach diesen Weg abzubrechen, als ich bemerkte, was ich ihm damit antue.
Ich rief Ruth Mew an und unter Tränen und Schluchzen versuchte ich ihr zu erklären, was ich dort angetroffen habe. Das Municipality-Pound besteht aus einem Zwinger, ca. 2 auf 3 m gross. Einziger Schutz vor der Sonne ist ein Blechdach, dass je nach Sonneneinstrahlung nutzlos ist. Der Zwinger steh frei, ohne seitlichen Schutz... im Winter, wenn es mal richtig regnet... haben die Hunde keine Möglichkeit sich zu schützen. In dem Zwinger gibt es keine Rückzugsmöglichkeit für einen Hund... da steht nur ein rostiges Fass (dessen Sinn niemand von uns bis jetzt erkannt hat)... ein klitzekleines Plastikgefäss (so wie die Dinger in dem man z.B. russischen Salat im Supermarkt kauft)... und ein grosser, roter Eimer, der zur Hälfte mit Wasser gefüllt war... mit anderen Worten: Die Hunde (ausser dem Pointerwelpen), konnten daraus gar kein Wasser trinken weil sie zu klein dafür waren. Das übelste an allem war der Boden: Ein grober Gitterrost, auf dem die Hunde gar nicht gehen können, sondern immer wieder durch die Gitter durchfallen, denn der Boden darunter ist ca. 20 cm vom Gitter entfernt... und überall liegt dort unten Kot und Futter, das auch unmöglich entfernt werden kann.. da es wie gesagt unter dem Zwinger ist....
Wie die Hunde bis dahin gefüttert worden sind ist mir ein absolutes Rätsel, denn ich bin mir 100% sicher, dass der Verantwortliche (Georg)... niemals zu den Hunden reingehen wird, eine Futterschüssel war dort aber auch nicht und alles Futter das man reinschmeisst, flutscht durch das Gitter gleich durch und ist somit unerreichbar für die Hunde.
Ruth war fassungslos und dachte wohl, ich übertreibe. So verabredeten wir uns an dem Ort und ihr erging es wie mir... sie heulte erstmal. Die Hunde wollten verzweifelt heraus, rutschten immer wieder durch die Gitter und da war immer noch kein Futter...
Wir verabredeten uns mit Georg und wollten die Situation mit ihm besprechen... er hat uns eiskalt versetzt, obwohl wir seine Zusage für ein Gespräch hatten kam er einfach nicht. Dann wendeten wir uns an eine englische Abgeordnete der Gemeindeverwaltung in Pegeia und zeigten auch ihr den Ort... dieselbe Reaktion: Erstmal Tränen aber dann kam Bewegung in die Sache. Da diese Engländerin perfekt Griechisch spricht, hat sie erstmal überall herum telefoniert und einige Leute zur Schnecke gemacht... Ebenso hat sie die Leute informiert, dass wir dort erstmal einige Verbesserungen machen werden, da wir nicht damit leben können wie es jetzt ist...
Ruth, ich und mein Mann sind also später nochmal hingegangen, haben die Hunde gefüttert und am Boden Holzbretter verteilt, damit die Hunde erstmal nicht auf diesem Gitterrost gehen müssen. Ebenso haben wir einen Käfig hereingestellt, der zugedeckt ist und Schatten und Rückzugsmöglichkeit bietet... So bald die Bretter auf dem Boden waren, haben die Hunde begonnen miteinander zu spielen... Wir haben sie entwurmt und gegen Ungeziefer eingesprayt aber Ruth wie auch ich möchten alle drei Hunde am liebsten herausnehmen und in Pflegestellen bringen... leider hat weder sie noch ich eine Pflegestelle frei und auch die Tierheime sind voll... Ich kann allerhöchstens für den Welpen den ich gefunden habe einen Platz bei PAWS organisieren... dann sind aber immer noch die anderen zwei Hunde. Es ist einfach verrückt... man stösst immer wieder an die eigenen Grenzen und gerade Pflegestellen wären hier so wertvoll. Jeder Hund der hinausgeht, gibt einem anderen wieder die Chance nachzurutschen...
Ruth und ich gehen nun regelmässig hin und füttern die Hunde, geben Wasser. Georg lügt uns gnadenlos an. Er behauptet dies auch zu tun und das dreimal im Tag. Wir sehen jetzt aber, dass er seit Freitagabend überhaupt nicht mehr dort war...
Die ganze Geschichte zieht jetzt ziemlich weite Kreise, da wir alle wichtigen Leute informiert haben... es ist bereits ein reger Emailverkehr am laufen der bis in hohe Politikerkreise geht und ich hoffe und bete, dass wir hier etwas bewegen können.. Die Tatsache dass bald Wahlen sind, könnte uns dabei von Nutzen sein... allerdings kann es auch das Gegenteil bedeuten... wir werden sehen, aber der Kampf ist aufgenommen.
Ich fühle mich nach wie vor extrem schuldig, den kleinen Max dorthin gebracht zu haben... auch wenn ich auf der anderen Seite dafür dankbar bin, da ich den Ort sonst nie entdeckt hätte. Am Montag, wenn die Gemeindeverwaltung geöffnet ist werde ich versuchen ihn herauszuholen und zu PAWS zu bringen.. wie ich den beiden anderen Hunden dabei in die Augen sehen kann weiss ich nicht...
Ich weiss inzwischen auch wer die Besitzer des kleinen Max sind. Wieder mal meine zypriotischen Nachbarn, von denen ich schon einige Hunde weggenommen habe. Vor zwei Jahren haben sie ihre Labradorhündin an einem Baum verhungern lassen.. das habe ich alles gestern von der thailändischen Haushaltshilfe erfahren... die mich gefragt hat ob ich nicht einen Welpen gefunden habe... Die Haushaltshilfe bat mich: Bring bitte diesen Hund weg.. weit weg und nicht mehr hierher zurück. Sie hat zu ihm geschaut.. und ihn auch geliebt.. deswegen war er so sauber, weil sie ihn gebadet und gebürstet hat aber sie erzählte mir auch, dass sie ihn aussperren muss, sobald die Familie zu Hause ist... Die Kinder schlagen ihn und der Mann tritt ihn...
Max ist jetzt dort weg, der nächste wird bald folgen... Anzeigen kann ich die Leute nicht.. das habe ich schon verschiedentlich versucht aber die scheinen zu einflussreich zu sein... jedenfalls komme ich nicht weiter...
Susi von Büren
Update vom 28.6.
Nach vielen Anstrengungen, Gesprächen und Emails hat sich folgendes getan: Der kleine Welpen Max durfte ich aus dem Municipality-Pound herausnehmen. Ihn habe ich in das PAWS-Shelter gebracht.
Ich und andere Leute gehen zweimal täglich zu der kleine Pekinesenmixhündin, die immer noch dort sitzt, füttern sie, geben ihr Wasser und gehen auch mit ihr spazieren, damit sie etwas Abwechslung hat.
Heute Morgen hatten wir eine Sitzung mit Linda Lablanc, einer Gemeindeabgeordneten und dem Bürgermeister. Der Bürgermeister versicherte uns, dass er alles verbessern will und sich an das Gesetz halten möchte in Zukunft. Er gab an nichts über diese Zustände zu wissen.
Er rief den zuständigen Gemeindemitarbeiter George herein, der für die Hunde zuständig ist und beauftragte ihn einen grösseren Zwinger zu bauen und diesen auf einem Betonboden zu installieren. Ebenso muss ein Wasseranschluss gemacht werden, damit Wasser zur Verfügung steht für die Hunde, ebenso wie für die Reinigung des Zwingers. Es muss dafür gesorgt werden, dass ein Abfluss gemacht wird, wie auch Schutz gegen die Sonne vorhanden ist.
Er wird sich mit dem Bauverantwortlichen in Verbindung setzen, der glücklicherweise ein grosser Tierfreund ist. In der Zwischenzeit haben wir den bestehenden Zwinger verbessert, damit die Hunde nicht mehr auf dem Gitter gehen müssen, haben Schatten gemacht, Futterkübel hingestellt sowie Rückzugsmöglichkeiten geboten... so wie es halt auf dem sehr beengten Platz möglich ist.
Ich bedanke mich von ganzem Herzen bei Linda Lablanc und Ruth Mew, die mich bei dieser Geschichte sehr unterstützt haben und ohne die... vor allem ohne die perfekt Griechischsprechende Linda Lablanc... wären wir nicht weitergekommen.
Update:
Die Kleine Nicki ist hier auf Zypern vermittelt worden... Zur Zeit sind also alle Hunde aus dem Pound raus. Der kleine Max wartet noch in PAWS auf ein Zuhause...
27.06.2011 - Ein *normales* Municipality Pound auf Zypern
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