Gerade jetzt werden wieder mehr und mehr Jagdhunde weggeworfen, oder gehen auf der Jagd verloren. Der Hunger treibt sie dann meist aus den Bergen in die Dörfer rein, oder aus dem Akamas-Gebiet, das bei mir um die Ecke ist und eines der grössten Jagdgebiete auf Zypern, kommen sie bei uns ins Dorf, das nach Akamas die erste Station ist.
Gestern nach dem Hundespaziergang, fuhr ich wie immer nach Hause und dann sah ich ihn... Ein Häufchen Elend kauerte sich neben ein geparktes Auto. Ich fuhr erst weiter... weil ich dachte, der Hund gehört zu diesem Auto. Nach ein paar Metern hielt ich trotzdem an und sah, dass der Hund sich dort nur versteckt hatte. Er war gerade dabei die Strasse hoch und an mir vorbei zu rennen... Ich rief ihn auf griechisch, er hielt an, schaute sich um und rannte tatsächlich in meine Richtung... dachte ich. Kurz vor mir zog er es aber vor, sich unter meinem Auto zu verstecken... Er half kein zureden, kein anlocken mit Futter und es gab keine Möglichkeit an ihn heran zu kommen. Also setzte ich mich neben das Auto und versuchte ihm zu erklären, dass er endlich herauskommen sollte und er dafür dann auch Futter bekommt... das alles auf Schweizerdeutsch... war echt froh, dass mich niemand gesehen oder gehört hat. ;-)
Es dauerte eine Weile, aber plötzlich hatte er wohl eine Entscheidung getroffen. Er kroch unter dem Auto hervor und genauso kroch er auch auf mich zu. Zögern, vorsichtig, nicht wissend, ob jetzt wirklich was gutes oder schlechtes kommt... Als ich ihn anfassen und streicheln konnte, war es wie wenn ein Schalter bei ihm umgelegt worden wäre... Er kroch förmlich in mich hinein... Er genoss die Streicheleinheiten und konnte sein Glück wohl kaum fassen.
Ich hatte eine kleine Handvoll Trockenfutter dabei und hielt sie ihm vor die Schnauze. Keine Reaktion... Ich hatte schon Angst, dass es ihm so schlecht geht, dass er nicht einmal mehr frisst, denn er ist wirklich ein Gerippe und ich sah auch einige Anzeichen für Leishmaniose... Aber auch da machte es bei ihm plötzlich klick, und ich musste ihn dann höflich darauf hinweisen, dass nur das Futter in meiner Hand zu fressen ist, und die Hand dann bitte doch nicht.
Glücklicherweise konnte ich ihn erstmal bei einem Tierarzt für die Nacht unterbringen. Am nächsten Morgen haben wir gleich Bluttests gemacht und ich hatte richtig Angst vor dem Ergebnis, aber oh Wunder: Alles gut. Er war zwar dehydriert, er ist ein Gerippe... aber sonst scheint er gesund zu sein.
Er ist jetzt bei mir Zuhause. Ich habe ihn Speedy getauft, denn seit er hier bei mir ist, ist er noch keine Sekunde zur Ruhe gekommen. Er will alles erforschen und ist verzweifelt auf der Suche nach Futter. Der Kühlschrank muss doch irgendwie aufgehen? Und auf der Küchenablage könnte es doch auch was fressbares haben?... Er sucht und sucht. Als ich ihn das erstemal gefüttert habe, hat er nicht gefressen, sondern das Futter regelrecht inhaliert. Ich habe so was noch nie erlebt... so ein verzweifeltes fressen...
Ich weiss noch nicht wie es weiter geht. Ins Tierheim will ich ihn nicht bringen, denn er hat mir nicht nur in die Augen geschaut, sondern mitten ins Herz... und ich weiss, dass Hunde wie er, schwarz, Pointer, Rüden... leider keine hohe Lebenserwartung im Tierheim haben. Traurig aber wahr... Sogar mein Mann, der mich sonst immer bremst und sagt: Bring bloss keinen Hund nach Hause... hat sofort gesagt: Nimm ihn mit!
Speedy wird jetzt erstmal hier aufgepäppelt und muss einige Dinge lernen. Er ist sehr aufgeschlossen Menschen gegenüber und geniesst Streicheleinheiten. Er streicht mir ums Bein wie eine Katze und auch wenn andere Menschen kommen, hat er keine Angst, ist aber sehr unterwürfig. Mein Hund hat ihn Gott sei Dank gleich akzeptiert... Speedy scheint ein knappes Jahr alt zu sein und hat ein wunderbares, typisches Pointerwesen... Freundlich, unterwürfig, anhänglich. Eine grosse Baustelle wird wohl sein, ihm beizubringen, dass er jetzt regelmässig Futter bekommt, es nicht inhalieren muss und auch draussen nicht alles fressbare aufgenommen werden sollte. Wie soviele Streuner ist er völlig aus dem Haus, wenn er eine grüne Mülltonne sieht... denn das sind normalerweise die Orte, an denen Tiere wie er ab und zu Glück haben und Futter finden.
Wir werden sehen, wie es mit ihm weitergeht und wenn ich es irgendwann mal schaffen sollte, dass mir jemand hilft, bekomme ich vielleicht sogar Fotos hin, bei denen er nicht an meinen Beinen klebt... ;-)
Susi von Büren
23.02.2012 - Speedy, eine alltägliche Geschichte auf Zypern
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